Veröffentlicht in Leben, Schreiben

Zwischen Frost und Farbe

Egal, wie viele Bücher man schon geschrieben hat, es kommen immer wieder einmal Zweifel auf. Die Frage: Ist das überhaupt irgendwie nützlich? Bringt das jemandem etwas? Bewegt man womöglich sogar unbeabsichtigt Menschen zu Entscheidungen, die nicht gut für sie sind? Besonders zwischen den Jahren stecken solche Gedanken den Kopf aus der Zeit. In diesen Tagen, da die letzen Farben vom alten Jahr von Eiskristallen bedeckt werden und Schönheit und Vergänglichkeit so besonders deutlich nahe beieinander sind. Und dann landet ein Leserbrief im virtuellen Postkasten …

Da schreibt eine Leserin, dass sie sich nach einer Trennung neu sortiert, dass sie trotz körperlicher Einschränkung begonnen hat, ihren Garten naturnaher anzulegen, dass sie voller Aufbruchsstimmung, Tatendrang und kreativer Impulse ist und dass ihr die Inselgärtenbücher bei alledem geholfen, Freude und Antrieb geschenkt haben und den Winter leichter machen.

Man hört gar nicht oft, wie es den Geschichten ergeht, die man in die Welt schickt, ins Ungewisse, und was sie dort irgendwo, irgendwann bewirken. Oder ob sie immerhin einfach gut unterhalten.

Das ist auch nicht schlimm, denn das große Abenteuer ist das Schreiben. Und dennoch, wenn solche Rückmeldungen unerwartet hereinschneien wie ein letztes Geschenk des Jahres, das für mich ein unglaubliches, wundersames war, dann macht das Mut.

Ich sitze gerade an den Korrekturen der Druckfahnen vom letzten Band der Inselgärtenreihe, und gleichzeitig an den letzten Kapiteln von Band 1 der neuen Reihe. Und es geht mir jetzt ähnlich jener Leserin. Ich kann es kaum erwarten, Neues zu beginnen. Band 2 zum Beispiel. Dann wird schon beinahe Frühling sein, mit Schneeglöckchen, Krokussen, Buschwindröschen und allem, was folgt. Wieder ein Abenteuer!

Ich wünsche allen ein wunderbares neues Jahr, voller Mut, Impulsen und schönen Überraschungen. Oft sind ja die kleinsten davon die Größten, und so bezaubernd wie ein Eiskristall an Rosen.

Veröffentlicht in Leben

Der Engel vom See

Niemand weiß, wie er hierherkam. Allein am Seeufer, zwischen bedecktem Himmel und gefrorener Erde schwebt er und bläst unbeirrt seine Botschaft. Ein etwas schiefes, frohes, lautlos und laut zugleich tönendes Lied von Mut, Hoffnung, Freude, Weihnacht, Licht und Lebensglück. Er ist noch klein und übt noch, aber er gibt nicht auf, egal ob ihm einer zuhört, egal ob die Sonne heute noch scheint. Und man lässt ihn in Frieden, geht staunend und mit einem Lächeln vorbei und nimmt ihn im Herzen mit, den tapferen kleinen Engel, ganz allein am Seeufer zwischen Stadt und Land, zwischen einem alten und einem neuen Jahr, für Dich und mich und uns.

Veröffentlicht in Garten, Leben, Natur

Sommer atmen…

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…und barfuß über Wiesen laufen, sich in den Himmel träumen und mit den Ameisen unterhalten – das wünsche ich euch an diesem Wochenende mit dieser Malve, die tiefrot glüht als könnte sie von großen Geheimnissen erzählen.

Veröffentlicht in Leben, Natur

Pfingstglücklich

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Nach Erledigung aller Pflichten, die so im Tag herumliegen, hatte ich heute eine halbe Stunde für mich und habe mich auf den neuen geerbten Elektroroller geschwungen, in den ich mich total verliebt habe. Er heißt vom Werk aus „Tante Paula“, das steht auch drauf, und meine Versuche, ihm einen anderen Namen anzuhängen sind gescheitert – sie bleibt einfach Tante Paula.  Und erweist sich als erstaunlich geländegängig. Feldwege machen ihr nichts aus, nur Kopfsteinpflaster ist uns beiden unangenehm.

Der frühlingsgrüne Weg brachte mich schnell auf ein Lübarser Feld, dessen Anblick mir Stadthasserin unendlich wohl tat. Ein Feld ist und bleibt für mich ein  wundersamer Anblick, denn zu Mauerzeiten gab es nur Lübars, wo man in Berlin (West) so etwas sehen konnte. Und das war damals auf der anderen Seite der Stadt und ein sehr seltenes Vergnügen.

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Und auch den Sandweg quer durch das Feld schaffte Tante Paula prima. Ich fühlte mich wie eine Lerche oder ein Schmetterling, auf Flügeln eben, weil Tante Paula auch sehr leise ist und höchstens ein Hummelbrummen von sich gibt. Das Märkische Viertel im Hintergrund störte  ein wenig, aber ich war trotzdem zum Abheben glücklich.

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Sogar einen echten Misthaufen traf ich, einen Berliner Misthaufen, jawohl, und er roch ganz echt – für mich duftete er, nach Land nämlich und Platz zum Denken und Stille und Gespräche mit dem Wind und der Erde.

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Das Getreide im Gegenlicht war auch traumschön, ich hätte nur die richtige Kamera mitnehmen sollen statt nur des Handys.

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Hach. Herrlich. Dass ich keinen Führerschein habe, macht übrigens nichts – für Tante Paula braucht man keinen, wenn man vor 1965 geboren ist. Ich bin 1964 geboren. Glück muss man haben.

Und ich habe so viel davon!

Veröffentlicht in Garten, Leben

Auch wenn ich ein Mädchen bin…

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… kan ich Rosa überhaupt nicht leiden. Lila auch nicht. Aber: Im Frühling atme ich gern rosa Luft ganz tief ein, an genau dieser Stelle unter der Magnolie.
Meine Mutter erzählt oft, wie sie als Neunzehnjährige aus dem Krieg heimkehrte, auf der Flucht, und inmitten eines grauen Trümmerfeldes eine blühende Magnolie stehen sah.
„Da wußte ich, es gibt trotz allem immer noch Leben und Hoffnung“, sagte sie.
Jetzt ist sie 86. Die Magnolie, die sie in ihren Garten gepflanzt hat, ist mächtig und breit und wenn die Blütenblätter fallen, liegt ein weiter, strahlender Teppich auf dem Rasen.
„Mein Leben ist erfüllt“, sagte sie gestern. „Ich habe eine Magnolie gepflanzt und sie groß werden sehen – und alles, wofür sie steht.“
Die Magnolie, die ich in meinen Garten gepflanzt habe, muss noch wachsen, aber sie ist groß genug, um darunter zu stehen und unter blauem Himmel rosa Hoffnung zu atmen.