





Es ist immer wieder aufregend, wenn so ein Paket eintrudelt. Besonders, wenn ich die Freude mit dem Lieblingsmenschen teilen darf. Und wenn es dann auch noch der letzte Band einer fünfteiligen Reihe ist, dann ist das schon etwas Besonderes, Spannendes und irgendwie Unwirkliches. Bald fliegen die Käfer zu Euch, und ich hoffe, dass sie Freude bringen.
Ich habe mich lange gescheut vor Videogesprächen oder – Konferenzen. Für introvertierte Menschen wie mich ist selbst telefonieren oft etwas, was wir sehr ungern tun. Das nun auch noch mit Bild!? Und was, wenn die Technik zickt? Reicht die Beleuchtung im Zimmer? Undsoweiter undsofort spukt alles mögliche im Kopf herum. Aber irgendwann ging es nicht anders. Da war die Pandemie, da war die räumliche Distanz, da waren Dinge, die mit dem Verlag besprochen werden mussten. Und Menschen, die ich wirklich sehr sehr gern kennenlernen wollte, und wenn es eben nur auf diesem Wege ging.
Was soll ich sagen. Diese technischen Errungenschaften, die zu Zeiten der Kultserie Raumschiff Enterprise, mit der ich aufgewachsen bin, pure Utopie waren und über die man sich zugleich amüsierte und sich erträumte, die halte ich jetzt für Wunderwerke. Für meine Generation ist sowas nicht selbstverständlich, und ich finde es schön, dass dem für mich immer eine Magie anhaften wird, auch wenn ich weiß, wie es technisch zusammenhängt. Da bleibt immer ein Staunen, dass so ein Videogespräch so zwanglos funktioniert. Wie einfach es ist. Wie gut es klappt, und was für Möglichkeiten es eröffnet. Kreative Zusammenarbeit, Begegnungen. Es macht manch unnötigen Weg überflüssig, verhindert vielleicht Missverständnisse, kürzt Arbeitsprozesse ab, fördert Lernsituationen, spart Papier und Zeit, schafft Raum für Teamwork.
Telefonieren wird nie meine Lieblingsbeschäftigung sein. Ich schreibe lieber, als zu reden. Aber ich bin dankbar für diese neuen Perspektiven. Und habe mir wieder mal bewiesen, wie wichtig es ist, auch mal über seinen Schatten zu springen, selbst wenn man kein Grashüpfer ist.
Wenn Korrekturen der sehr lieben Lektorin in die Mailbox flattern, ist das immer interessant. Es ist ja bis dahin eine Weile her, seit ich die Geschichte geschrieben habe. Dann begegne ich meinen Figuren selbst wieder anders. Wundere mich über dies und jenes, was sie taten und sagten. Bekomme Anregungen, lehne manche Änderung ab und bin für andere sehr dankbar. Zusammen überlegen wir Details neu. Auf jeden Fall macht es Freude, ist oft knifflig, eilig, gelegentlich schwierig. Und immer ein kreativer Prozess, von dem ich nie genug bekomme.
Ich feiere den Anfang eines neuen Projekts mit einer Verbesserung des Arbeitsplatzes: Neuer Monitor! Da eröffnen sich Welten. Dazu eine schöne, stabileTastatur mit Erleuchtung, einem leisen, weichen Anschlag, einer Taste zum Diktieren und einer für Screenshots. Alles was ich für die Recherche und das Schreiben brauche. Der schöne Nebeneffekt ist, dass ich auch die Fotos meines Lebensfreudegefährten auf dem großen Bildschirm besser sehen kann. Vor allem mit der neuen Arbeitsbrille.
Das alles hat mir soviel Schwung gegeben und Mut gemacht, dass ich heute das Exposé von Band 2 an den Verlag geschickt habe. Nun bin ich gespannt, was wir zusammen wieder für eine Geschichte weben werden.
Ehe ich das Manuskript abgebe, gilt es, noch ein Samenkorn hineinzupflanzen, aus dem Band 2 entstehen könnte. So eine Buchreihe, das ist wie ein Garten. Ein Detail oder Wesen befruchtet das andere, fördert das Wachstum und führt zu überraschenden Farbklecksen. Wurzeln geraten hierhin und dorthin und plötzlich blüht in einer Ritze etwas, das man ganz woanders vermutet hatte. Aber am Ende gibt es ein Ganzes.
Wenn ich in meinem Elternhaus schreibe, weil ich bei meiner 95jährigen Mutter bin, dann stets unter den gestrengen Blicken meiner Vorfahren. Ich frage mich, was sie wohl von meiner Arbeit halten. Die Zeiten, in denen man der Meinung war, Romane lesen würde Frauen das Hirn vernebeln, sie schwach und süchtig machen, sind noch gar nicht so lange her. Andererseits sind meine Ahnen eine sehr bunte Mischung. Ich vermute, ihre Standpunkte wären ebenso vielfältig. Darunter war ein verurteilter Mörder, der seinen Nachbarn im Streit um eine Kuh mit der Mistgabel erstach. Ein junger Bursche, der mit wenigen Talern in der Tasche sein Glück in der Ferne suchte und eine Käsefabrik aus dem Boden stampfte. Auch eine begnadete Malerin gab es, die ihrer Kunst wegen ihre Kinder ignorierte. Einen Hofkantor, der ein Buch über die Flora Weimars schrieb und einen kaiserlichen Fasanenjäger. Die Geliebte eines Grafen, einen Schüler Luthers und einen Herrn, der sein Ostpreußisches Gut versoff und verspielte lange bevor es im Krieg verloren gegangen wäre. Wahrscheinlich fänden sie die heutigen Zeiten eher langweilig. Wer weiß? Dennoch scheinen mir ihre Blicke jedes Mal zu sagen: „Streng dich an! Es fällt einem nichts in den Schoß. Du hast es leichter als wir alle.“
Noch nicht 5 vor 12 beim Abgabetermin, aber bald. Es ist alles im Plan. Ich bin fast fertig mit der ersten Überarbeitung des Manuskripts für Band 1 der nagelneuen Reihe. Diese Überarbeitung ist bei aller nötigen Konzentration manchmal das Schönste und sehr spannend für mich. Dann gilt es, Glanz und Wärme in den Text zu bringen, Unebenheiten aufzuspüren und lose Enden zu verknüpfen. Und ich kann noch einmal viel Zeit mit meinen neuen Freunden verbringen, ehe ich sie loslassen muss.